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26.09.2021 | 22:30 Uhr

Grüne und FDP als Kanzlermacher/SPD und Union liegen Kopf an Kopf. Zum ersten Mal wird Deutschland von einem Dreierbündnis regiert werden müssen. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots) -

Wir stehen selbst enttäuscht und seh'n betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen. Diese Worte des listigen Augsburgers Bertolt Brecht passen zum Ausgang der gestrigen Bundestagswahl wie die Faust aufs Auge. Enttäuschung vor allem bei CDU und CSU, die das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik einfuhren. Nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel wurde es nicht vermocht, an deren Erfolge anzuknüpfen. Die Union mit dem nicht besonders zugkräftigen Kanzlerkandidaten Armin Laschet hat auf den letzten Metern des Wahlkampfs noch etwas aufholen und einen noch klareren Sieg der Sozialdemokraten verhindern können.Dass Laschet und CSU-Chef Söder nun allerdings vehement verlangen, auch als Nummer zwei könne man wieder den Kanzler stellen, ist zumindest ungewöhnlich. Söder hatte das pikanterweise zuvor noch ausgeschlossen. Politisch möglich wäre es aber gleichwohl. Sollte es wirklich zu einer unionsgeführten Regierung kommen, einer Jamaika-Koalition mit Grünen und Liberalen, stünde ein extrem schwacher Kanzler Laschet an deren Spitze.Das Wahlergebnis ergibt indes keinen eindeutigen Sieger. Die SPD scheint, nur hauchdünn vor der Union zu liegen. Es handelt sich gewissermaßen um ein politisches Patt. Weder kann die Union allein mit ihrem Wunschpartner, der FDP, eine Mehrheit auf die Beine stellen, noch wird dies der SPD nur mit den Grünen, gelingen. Deutschland wird zum ersten Mal von einem Dreierbündnis regiert werden müssen. Eine - theoretisch durchaus mögliche - Neuauflage der Großen Koalition wäre extrem unwahrscheinlich und weder von Laschet noch Scholz gewollt.Die jetzige Konstellation kann nur aufgelöst werden, wenn Grüne und Liberale die ihnen per Wählervotum zugefallene Rolle als Kanzlermacher wahrnehmen. Und das ist die mit Abstand schwierigste Aufgabe, die die deutsche Politik derzeit zu bieten hat. Dass nun zuerst einmal Grüne und FDP sondieren, ob sie überhaupt zusammen kommen könnten, ist vor diesem Hintergrund sinnvoll. Die Differenzen zwischen den Klimaschutz-Grünen einerseits und den Markt-Liberalen andererseits sind jedenfalls enorm und scheinen kaum überbrückbar. Eine Jamaika-Koalition, die in Schleswig-Holstein relativ reibungslos funktioniert, ist auf Bundesebene - von den Herausforderungen her - ein ganz anderes Kaliber. Welche Seite da welche Ziele durchsetzen kann und welche Abstriche gemacht werden müssten, dürfte nur in harten und ehrlichen Verhandlungen zu ermitteln sein. Das könnte auch zu Zerreißproben führen. Für beide Seiten.Gleiches gilt auf der anderen Seite für ein mögliches Ampel-Bündnis. Wären es bei einer Jamaika-Koalition die Grünen, die sozusagen am Katzentisch Platz nehmen müssten, käme diese Rolle unter einem Kanzler Olaf Scholz und den Grünen der FDP zu. Egal, wie dieser Polit-Knoten gelöst wird, es dürften viele Formelkompromisse nötig sein, damit Grüne und FDP zusammen in eine Regierung gehen.Dabei scheint der Druck, nun mitregieren zu müssen, bei den Liberalen größer zu sein als bei den Grünen. Mit den Worten, es sei besser, nicht zu regieren als falsch zu regieren, hatte FDP-Chef Lindner im November 2017 die Jamaika-Verhandlungen platzen lassen. Noch einmal wird er sich nun nicht aus der Verantwortung stehlen können.Man kann es auch so sehen: FDP und Grüne sind zum Mit-Regieren verdammt. Die Frage ist nur, mit welchem Kanzler? Mit Scholz oder mit Laschet? Jamaika oder Ampel? Der Wahlabend hat auf diese neue Gretchenfrage der deutschen Politik keine eindeutige Antwort gegeben.Zumindest ein rot-grün-rotes Bündnis ist wohl ausgeschlossen. Das politische Schreckgespenst, mit dem vor allem die Union kurz vor der Wahl noch einmal zahlreiche Stammwähler aktivieren konnte, hat sich offenbar in Luft aufgelöst.

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